Alltag

Es duftet nach frisch angebratenen Zwiebeln und Hackfleisch, das gerade mit etwas Rotwein abgelöscht wurde. Das köchelnde Geräusch vom Herd ist nun leise, nicht mehr zischend. Wenn es sich zu einem feuerspuckenden Drachen entwickelt, wird es Zeit, die Platte kleiner zu stellen und die Soße weiter zu verarbeiten. Dörte lächelt bei der verblassten Erinnerung an ihren Sohn von vor viel zu vielen Jahren. Die Kinderlogik ist noch heute unbestechlich und seit diesem Tag wird in Dörtes Küche bei jeder Lasagne auf den Drachen gewartet.

„Brauchst du Hilfe?“ – „Du kannst die Lasagne schichten.“ Simon steht vor dem Herd, passt den richtigen – feuerspuckenden – Moment ab und beginnt, die heiße Soße schichtweise mit Nudelplatten in die große weiße Auflaufform umzufüllen, die an einigen Stellen rissig geworden ist, aber immer noch hält. Dörte schenkt zwei Gläser Wein ein und setzt sich an die Küchentheke. Sie sieht Simon zu. Wie immer, wenn es Lasagne gibt. Den Abend verbringen sie nun meistens allein und zu Hause. Sie haben es sich gemütlich gemacht in diesem Reich aus Erinnerungen.

Das polternde Geräusch der Kaffeemaschine lässt Dörte langsam aus der Wolke erwachen, in der sie sich vor Bruchteilen eines Augenblicks noch befand. Wie schön die Welt morgens zwischen dem letzten Traum und dem ersten Augenaufschlag ist. Mit der linken Hand tastet sie neben sich. Das Kissen ist noch warm, aber leer. Natürlich. Der Kaffee läuft schon. Noch einen Augenblick lässt sie sich in ihr Kissen zurückfallen und ruft sich den gestrigen Abend in Erinnerung. Sie genießt das geborgene Gefühl der Gewohnheit und steht dann auf. Mit Vorfreude auf den nächsten Tag, die nächste Woche, die nächsten Jahre. Alles, was sie mit Simon noch gemeinsam erleben wird. Denn eins weiß sie genau: Er wird ihr nach jedem Lasagne-Abend ihren Kaffee kochen, wie er es seit so vielen Jahren tut. Andere mögen diese alltägliche Kleinigkeiten als langweilige Gewohnheiten auffassen, für Dörte sind sie Zeichen tiefster Liebe.

Lebt leuchtend, Lena.

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