Oder: Wie man das Pareto-Prinzip auch im Privatleben nutzen kann.
Die meisten von uns sind im Internet oder bei einer Buchlektüre sicherlich schon einmal auf den Begriff Pareto-Prinzip, oder die etwas griffigere Umschreibung 80/20-Methode gestoßen. Heute geht es darum, wie man dieses Prinzip auch im Privatleben nutzen kann. Die Bezeichnung als Pareto-Prinzip ist zurückzuführen auf den Entdecker Vilfredo Pareto (1848–1923). Er kam zu der statistischen Erkenntnis, dass 80 % der Ergebnisse sich mit 20 % des Aufwands erreichen lassen. Die restlichen 20 % des Ergebnisses bedürfen 80 % des Aufwands. Im Berufsleben kann man dieses Prinzip wunderbar auf täglich wiederkehrende Routineaufgaben anwenden. Natürlich gibt es immer wieder Aufgaben, die zu 100 % erfüllt werden müssen. Häufig genügt es aber, wenn eine Aufgabe zu 80 % erledigt ist. Letztlich entscheidet jeder selbst, wo die Prioritäten liegen und wie man seine Arbeitszeit einteilen möchte.
Umsetzung im Privatleben
Und genau da setzt dieser Beitrag an. Denn auch im Privatleben lässt sich die 80/20-Methode wunderbar umsetzen. Als Mutter musste ich schnell lernen, dass mein Tag zwar genau wieder jeder andere nur 24 Stunden hat, ich in dieser Zeit aber gefühlt drei Vollzeitjobs erledige. Dementsprechend ist die Zeit häufig knapp und wie viele andere auch, neige ich dazu, letztlich die Zeit für mich allein so kurz wie möglich zu halten, damit ich mehr Zeit für meine Familie habe. Erst die Lektüre von Tim Ferris’ Buch „The four hour workweek“* (Deutsche Version: “Die Vier-Stunden-Woche“*) hat mich auf die Idee mit dem 80/20-Prinzip gebracht. Er beschreibt in diesem Buch mehr als nur seinen Weg in die Welt der passiven Einkünfte. Er macht darüber hinaus auch deutlich, dass man das Pareto-Prinzip mit folgenden Fragen wunderbar auch im Alltag anwenden kann:
- Welche 20 % meiner alltäglichen Aufgaben und persönlichen Beziehungen verursachen 80 % meiner Probleme beziehungsweise meines Unglücks?
- Welche 20 % meiner alltäglichen Aufgaben und persönlichen Beziehungen verursachen 80 % meines Glücks und der von mir gewünschten Ergebnisse?
Die Lebensbereiche
Die Fragen bringen zwar den wesentlichen Kern schon auf den Punkt, allerdings beginnt die richtige Analyse erst dann, wenn man sie auf die unterschiedlichen Bereiche des eigenen Lebens anwendet. Hier einige persönliche Beispiele, wie man das Pareto-Prinzip im Privatleben nutzen kann. Jeder setzt hier freilich unterschiedliche Prioritäten.
1. Haushalt
Zur Zeit bin ich überwiegend für unseren Haushalt zuständig. Hausarbeiten sind für mich zur Normalität geworden, obwohl ich mir das vor zwei Jahren nicht einmal im Ansatz hätte vorstellen können. Mittlerweile lege ich zum Beispiel großen Wert darauf, dass meine Oberflächen immer so leer wie möglich und geputzt sind.
Ein aufgeräumtes und sauberes Heim zu erhalten, bedeutet aber selbstredend Arbeit. Und diese Arbei könnte mich Stunden meines Tages kosten. Die 80/20-Methode hat mir geholfen, zu erkennen, wo es für mich persönlich echtes Einsparpotenzial gibt.
Badezimmer
Es ist nicht notwendig, dass ich das Badezimmer zweimal in der Woche von oben bis unten schrubbe. Viel leichter ist es, einmal in der Woche ordentlich zu putzen und stattdessen in der Zwischenzeit nur den Standard zu halten. Das schaffe ich etwa, indem ich konsequent Dinge aufräume, die falsch zurück gelegt wurden und ich außerdem regelmäßig mit einem nassen Lappen die Armaturen säubere. Das geschieht bei mir nebenbei, während ich eigentlich mit anderen, wichtigeren Dingen beschäftigt bin.
Küche
Genauso verhalte ich mich auch, oder vor allem in unserer Küche. Solange alles dorthin geräumt wird, wo es hingehört und die Oberflächen täglich abgewischt werden, sieht es ordentlich aus. Nein, bei mir darf man nicht jede Schublade öffnen und nach Krümeln suchen. Diese 100 % sind für mich aber auch nicht wichtig. Mir ist wichtig, mich optisch wohl zu fühlen. Für den Rest ist nicht jeden Tag und auch oft nicht jede Woche genug Zeit.
Fenster putzen
Meine Fenster putze ich definitiv nicht oft genug, um immer eine klare Sicht zu gewährleisten. Aber wisst ihr was? Es ist mir egal. Erstens wird dieses Vorhaben von innen durch klebrige Kinderhände ohnehin immer schnell torpediert und von außen muss es nur einen Tag regnen und schon könnte ich wieder von vorne anfangen. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu schade.
2. Sachen und Gegenstände
Ich habe es bereits in anderen Beiträgen erwähnt und wiederhole es gern: Es lohnt sich, auszumisten. Egal, ob man nun einem minimalistischen Lebensstil nacheifert oder ob man etwa nach Marie Kondo in ihrem Buch „Magic Cleaning – Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“* danach geht, welche Gegenstände einem noch Freude bereiten. Wichtig ist, sich zu fragen, ob man Dinge wirklich braucht und sie das Leben erleichtern oder erschweren. Als Richtwert zu errechnen, wie viele Dinge man von einer Sorte hat und dann nur noch 20 % davon zu behalten, die wirklich sinnvoll sind, ist bereits als Gedankenexperiment amüsant. Es lässt sich aber auch im echten Leben anwenden.
Kleidungsstücke durchzählen
Als erstes habe ich meinen Kleiderschrank unter die Lupe genommen. Ich habe tatsächlich gezählt, wie viele Oberteile ich habe. So hatte ich einen Zielwert, an den ich mich annähern konnte. Stücke, die ich ein Jahr lang nicht getragen habe, sind konsequent in die Altkleidersammlung gekommen. In meinem Fall habe ich diesen Zeitraum im Kopf aber auf zwei Jahre erweitert, weil die Schwangerschaft mit meinem ersten Kind dazwischen lag. In dieser Zeit habe ich natürlich nicht die volle Bandbreite meines Kleiderschranks tragen können.
Kosmetikartikel – So viele Lippenstifte?!?
Auch bei Kosmetikartikeln konnte ich eine Menge Gegenstände ausmachen, die mich eher nerven, als das sie mich glücklich machen. Wer braucht schon zehn Lippenstiftnuancen, wenn er überwiegend zu Hause ist? Ich habe meine zwei liebsten Lippenstifte behalten und den Rest entsorgt.
Bewusste Kaufentscheidungen für die Zukunft
Bevor ich nun etwas Neues einkaufe, seien es Kleidungsstücke, Haushaltsgegenstände oder Dekorationsartikel, frage ich mich immer: Brauchen wir das wirklich? Haben wir überhaupt Platz dafür? Zum Aufstellen aber auch zum Verstauen? Wenn ich nur eine dieser Fragen mit Nein beantworte, fällt die Kaufentscheidung in den meisten Fällen negativ aus.
3. Persönliche Beziehungen
Um das Pareto-Prinzip im Privatleben zu nutzen, kannst du auch deine sozialen Kontakte genauer unter die Lupe nehmen. Wie viele deiner persönlichen Beziehungen machen dich tatsächlich glücklich und wie viele Sorgen eher dafür, dass dein Stresslevel steigt? Eine schwierige Frage, mit noch härteren Antworten. Wenn man es aber ernst meint mit der Verbesserung der Lebensqualität, sollte man die Frage ehrlich beantworten. Auch hier kann man den Kreis der Personen, mit denen man sich im Alltag umgibt (psychisch oder physisch) kurz auf einem Notizblatt notieren.
Wie viele sind es? Vielleicht 15 Personen? Dann gehe die Liste in Ruhe durch und markiere drei Personen, über deren Kontakt du dich jedes Mal freust, weil dich die Person zum Beispiel zum Lachen bringt, dich mit neuen Ideen und Energie füllt oder auch entspannt. Danach gehst du die Liste erneut durch und markierst die drei Personen, die das genaue Gegenteil in dir auslösen. Personen, die auf welche Art und Weise auch immer negative Emotionen in die auslösen.
Kontakt verstärken
Als erstes kannst du dir jetzt überlegen, wie du es schaffst, den Kontakt zu den drei Personen zu verstärken, mit denen du dich am wohlsten fühlst. Kannst du dich häufiger treffen? Wenn es dein mit dir lebender Partner ist, kannst du die Zeit mit ihm oder ihr noch intensiver nutzen? Mache doch gleich ein paar Pläne für die kommenden Wochen, wie du deine Zeit so noch schöner gestalten kannst.
Kontakt reduzieren
Danach solltest du dir überlegen, ob du den Kontakt mit den Personen, bei denen du dich unwohl fühlst, zwingend brauchst. Du kannst mögliche Probleme mit dieser Person auch aussprechen und damit eine Beziehung verbessern. Ansonsten bleibe stets höflich und reduziere den Kontakt auf das nötige Minimum oder breche ihn ab.
Eigenes Wohlbefinden im Vordergrund
Denk dabei daran: Es geht im Leben nicht darum, fremde Gefühle über die eigenen zu stellen. Wir sind oft so konditioniert, dass wir andere Personen auf gar keinen Fall verletzen wollen. Das ist zwar nobel, kann aber zu inneren Konflikten führen. Wichtiger ist immer das eigene Wohlbefinden.
Vorbildfunktion als Mutter
Nur wer sich über das eigene Wohlbefinden bewusst wird, kann ein glückliches und gelassenes Leben führen. Und genau das ist doch für Mütter essentiell, die ihren Kindern jeden Tag ein Vorbild sind. Wollen wir unseren Kindern beibringen, eher Zeit mit langweiligen oder negativen Personen zu verbringen und dabei gestresst sein? Oder wollen wir ihnen stattdessen lieber einen bewussten Umgang mit der eigenen Zeit und der eigenen mentalen Gesundheit geben?
Respektvoller und höflicher Umgang
Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich, dass ein höflicher Umgang mit ausnahmslos jedem anderen Menschen in ausnahmslos jeder Situation angebracht ist. Wir stecken nicht in den Köpfen anderer Menschen und wissen nicht, warum sie sich verhalten, wie sie sich verhalten. Ein respektvoller Umgang, auch wenn man den Kontakt nicht weiter halten möchte, ist das absolute Mindestmaß an Zivilisation.
4. Erziehung
Auch nur ein Rechenbeispiel?
Mein Ziel ist es, in der Erziehung meiner Kinder immer 100 % zu geben. Mich hier auf eine 80/20-Rechnung einzulassen und Pareto anzuwenden, widerspräche offensichtlich diesem Ziel. Es entspannt mich aber, zu wissen, dass ich zumindest statistisch gesehen auch mal einen ausgesprochen schlechten Tag haben darf und am Ende trotzdem ein relativ gut erzogenes Kind dabei herauskommen müsste. So viel zur Statistik.
Der Kern meiner Erziehung
Viel wichtiger ist folgende Erkenntnis, die ich gerade bereits erwähnt habe: Ich bin ein Vorbild für meine Kinder. Das ist meine Erziehungsarbeit. Und ich lebe meinen Kindern vor, dass ich mir meiner endlichen Zeit bewusst bin und mich deshalb aktiv dafür entscheide, Dinge auch mal nicht zu tun. Ich lebe ihnen vor, dass es wichtiger ist, das eigene Wohlbefinden in den Fokus zu stellen, als fremde Befindlichkeiten. Ich lebe ihnen vor, Grundprinzipien zu entwickeln, an denen ich mich wie an einem Kompass orientieren kann. Ich erziehe, ohne zu erziehen. Empfehlenswert in diesem Zusammenhang ist übrigens die Lektüre von Jesper Juuls Buch „Respekt, Vertrauen und Liebe – Was Kinder von uns brauchen“*. Jesper Juul bestätigt darin, dass Erziehung nicht erzieht. Stattdessen erziehe alles, was wir Erwachsenen machen, unsere Kinder.
Das Pareto-Prinzip ist ein mächtiges Mittel, um den Alltag zu erleichtern. Auf bestimmte Aspekte der Erziehung kann und sollte man die 80/20-Methode meiner Meinung nach allerdings nicht anwenden, weil es schlicht nicht nötig ist. In allen anderen Fällen kann man das Pareto-Prinzip aber im Privatleben nutzen, um etwas weniger zu tun und etwas mehr zu leben zu haben.
Deine Anna Lena.
Hast du schon einmal probiert, dein Privatleben mit dem Pareto-Prinzip zu sortieren? Ich bin auf deine Erfahrungen gespannt.
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