Oh Mist.“, sagt sie laut zu sich selbst und schlägt dann mit der flachen Hand gegen ihre Stirn. Marina hat gerade den Kalender aufgeschlagen, nachdem sie ihren Morgenkaffee gekocht hat. Gestern hat sie den Kalender links liegen lassen und einen Selfcare-Tag eingebaut. Ganz spontan. Es war eh Wochenende, und Termine standen nicht an. Jetzt liegt der aufgeschlagene Kalender vor ihr: Rechts das heutige Datum, auf der linken Seite beim gestrigen Datum nur ein Eintrag: „Geburtstag Oma“.
Sie wählt schon die Nummer ihrer Großmutter, checkt dann kurz die Uhr und stellt fest: Um kurz vor sieben wird sie die fast 80-Jährige wohl noch nicht erreichen. Also legt Marina ihr Telefon beiseite und lässt die Welle des schlechten Gewissens über sich ergehen. Ihr Magen dreht sich in ihrer Bauchhöhle und ihr Herz schlägt bis zum Hals. Nein, das sind keine Schmetterlinge im Bauch, sondern ein Adrenalinschub, der sie an ihre Grenzen bringt. Sie muss sich zwingen tief einzuatmen. Wie furchtbar! Sie hat ihre Oma so lieb und dann passiert ihr so etwas. Wahnsinnig egoistisch. Wenn sie es doch nur rückgängig machen könnte.
Aber das kann sie nicht. Das Geschehene ist geschehen. In diesem Fall ist zwar gar nichts geschehen, sie hat den Geburtstag einfach vergessen und deshalb nicht gratuliert. Ändern kann sie das jetzt aber auch nicht mehr. Der Geburtstag ist vergangen und es wäre verschwendete Lebensenergie, sich jetzt darüber zu ärgern. Sie ruft ihre Oma einfach später an, entschuldigt sich und dann geht das Leben weiter. Weil es immer weiter geht, immer vorwärts, niemals rückwärts. Es liegen Ruhe und Zufriedenheit in dieser Erkenntnis.
Lebt leuchtend, Lena.
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