Warum

Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende in das Ferienhaus meiner Eltern fahren?“, fragt Nicole und sieht kurz von ihrem Müsliteller auf, während Fritz die Zeitung beiseite legt. „Super Idee, das tut uns sicher gut.“, antwortet er und widmet sich wieder dem angefangenen Artikel. „Wie meinst du das ‚Das tut uns sicher gut.‘? Ist irgendwas?“, fragt Nicole. „Ähm nein, ich freue mich, lass uns wegfahren, ist super.“ Fritz frühstückt weiter.

Nicole ruckelt auf ihrem Stuhl hin und her und setzt dann nochmal an: „Also denkst du, dass etwas nicht in Ordnung ist? Denkst du, dass wir mehr Beziehungszeit brauchen? Hast du etwas auf dem Herzen?“ – „Süße, es ist alles gut. Es gab keinen Subtext. Du musst dir keine Sorgen über irgendetwas machen. Ich bin glücklich, du auch?“ – „Ja. Natürlich, aber ich will, dass du auch WIRKLICH glücklich bist. Und wieso denkst du denn, dass ich nicht glücklich bin?“ – „Denke ich doch gar nicht.“ – „Doch, du hast mich doch gerade gefragt.“

„Warum reagierst du jetzt so?“, fragt er sie. Er sieht Nicole direkt in die Augen und sie erkennt, dass sie sich gerade aufführt, wie ein kleines, bockiges Kind. Ja, warum reagiert sie eigentlich so? Weil es eben so ist, weil er sie in den Wahnsinn treiben kann und es regelmäßig tut. Fritz sitzt immer noch vor ihr und sie schnauft schwer. Die Ereiferung ist Nicole anzusehen. Ihre Augen funkeln und zeitgleich laufen Tränen über ihre Wangen. Sie sieht ihre Beziehung in Gefahr und er lächelt ihr nur mit seinen gutmütigen Augen zu. Da kann man schon mal bockig werden, oder nicht? „Ich weiß auch nicht, ich mache mir doch nur Sorgen.“, antwortet sie. „Aber was soll ich dir denn anderes sagen, als dass alles in Ordnung ist?“ – „Keine Ahnung.“ – „Nicole, sei nicht so verunsichert.“ – „Bin ich doch gar nicht.“

Fritz sieht sie an, muss ein Grinsen unterdrücken und antwortet: „Wie würdest du es denn dann bezeichnen?“ – „Mhm, vielleicht hast du Recht. Ich bin schnell verunsichert. Und deshalb reagiere ich dann besonders empfindlich auf deine Antworten und Reaktionen.“ – „Das glaube ich ehrlich gesagt auch. Die spannende Frage ist aber doch, warum du so verunsichert bist. Habe ich dir jemals einen echten Grund gegeben, der dich meiner Liebe zu dir unsicher sein lässt.“ Nach kurzem Überlegen antwortet Nicole: „Nein, nicht ein einziges Mal.“ – „Gut, das freut mich“, grinst er sie an. Die Atmosphäre zwischen ihnen ist nicht mehr ganz so undurchdringbar und Nicole entspannt sich. Fritz greift nach ihrer Hand über den Tisch und spricht weiter: „Aber das bedeutet wahrscheinlich auch, dass dich irgendetwas anderes mal sehr verunsichert hat und du das immer noch mit dir herumträgst, kann das sein?“

Wow, sie ist seit drei Jahren mit Fritz liiert und jetzt stellt sich am Frühstückstisch heraus, dass in ihm ein Hobbypsychologe steckt. „Ähm, möglich.“ Nicole weiß ganz genau, wer ihr Vertrauen missbraucht hat und weshalb sie unsicher ist. Sie realisiert es aber erst in diesem Moment. „Ok, aber wir müssen das jetzt nicht besprechen, oder? Reicht es, wenn ich dir sage, dass ich in Zukunft versuchen werde, daran zu denken, bevor ich wegen nichts durchdrehe?“, fragt sie Fritz und lächelt. „Ja, und ich erinner dich sonst auch gern dran“, antwortet dieser. Manchmal genügt es, sich einer Situation bewusst zu werden. Häufig ist die richtige Frage, zum richtigen Zeitpunkt sehr hilfreich: „Warum reagierst du jetzt so?“ Nicole kann nicht zurücknehmen, dass sie gerade fast wegen eines ‚Das wird uns gut tun.‘ ausgerastet ist. Aber sie kann sich bewusst machen, warum sie wie handelt und reagiert. Das ist das Mindeste. Nicole beginnt summend, den Frühstückstisch abzuräumen und freut sich auf das Wochenende. See, Sonne, Sauna – das volle Programm. Das wird ihr gut tun.

Lebt leuchtend, Lena

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