Zwangspausen

Oder: Warum es sich lohnt, irgendwann wieder aus dem Tal rauszukommen.

Neuer Status Quo

Vor fast vier Monaten habe ich meinen letzten MorgenBlog und meine letzte MorgenGeschichte veröffentlicht. Und dabei war ich doch hochmotiviert und wollte gerade den MorgenBlog voran treiben. Was ist passiert? Ich bin wieder schwanger geworden. Ein absoluter Wunsch. Aber ähnlich meiner ersten Schwangerschaft mit meinem nun anderthalbjährigen Sohn habe ich auch dieses Mal deutliche Schwangerschaftsbeschwerden. Jeder Mutter, der Hyperemesis gravidarum ein Begriff ist, spreche ich mein ausdrückliches Mitgefühl aus. Vor ein paar Tagen schrieb mir eine andere Mama: „Du bist tapfer.“ Genau das möchte ich auch an die erbrechensgeplagten Schwangere weiter geben, die das hier vielleicht liest: „Du bist tapfer!“

Die Energie, die ich gerade noch verspürte, verpuffte nur kurze Zeit nach dem positiven Schwangerschaftstest und wich extremer Müdigkeit, Übelkeit, Antriebslosigkeit und vor allem häufigen Erbrechen. Glücklicherweise gibt es mittlerweile Medikamente, die mir durch den Tag helfen. Lasst euch bei eurem Frauenarzt oder eurer Frauenärztin beraten.

Jahreszeiten des Lebens

Trotz all meiner Bemühungen, mich in meinem Mutteralltag in stoischer Gelassenheit zu bewegen, fiel es mir in den letzten Monaten wahnsinnig schwer, diesen neuen Status Quo zu akzeptieren. Die Tatsache, dass ich schwanger bin und die Schwangerschaft als solche bisher absolut gesund verläuft, es dem Baby also durchgehend gut geht, macht mich ausgesprochen glücklich. Aber der unausweichlichen Wahrheit ins Gesicht zu blicken, fällt mir deutlich schwerer: Ich kann nicht all die Dinge machen, die ich mir in der ersten Jahreshälfte aufgeladen habe. Weil ich schwanger bin. Und das, obwohl eine Schwangerschaft doch angeblich keine Krankheit ist.

So ist es auch. Es ist wunderbar, einen kleinen Menschen in sich wachsen zu spüren. Geholfen hat mir die Vorstellung der Jahreszeiten des Lebens. Das Leben unterteilt sich in Abschnitte, die wir mehr oder weniger alle durchlaufen. Wenngleich dabei natürlich nicht jeder jedes Kapitel mitnimmt. Es gibt unter anderen die Kindheit, die Jugend, die Ausbildungszeit, die Karrierezeit und eben auch die Familiengründungszeit. Ich befinde mich offensichtlich noch in letzterer. Mehrere dieser Jahreszeiten müssen sich nicht ausschließen, können es aber. Das hängt von jedem Menschen und dessen Umständen ab.

Meine persönlichen Umstände ließen in den letzten Wochen leider nicht viel mehr zu, als den Fokus auf mein eigenes Wohlbefinden zu legen und so die Jahreszeit der Familiengründung voll auszuleben. Unwesentliche Dinge in meinem Kalender musste ich streichen und auch viele Gewohnheiten ablegen, die mir grundsätzlich den Alltag erleichtert haben. Leider gibt es nach wie vor Tage, an denen nicht mal Energie für das Wesentliche da ist: Meinen Sohn. Meine eigenen Erwartungen an mich als Mutter sind hoch. Und ich konnte sie in den letzten Monaten viel zu oft nicht erfüllen, obwohl ich es so gern getan hätte. Ohne die Hilfe meines Mannes und der Großeltern hätte ich nicht gewusst, was ich machen soll. Ein Hoch auf flexible Arbeitszeiten, Resturlaubstage und allzeit hilfsbereite Alltagsengel.

Was mich immer noch erstaunt: Auch meine erste Schwangerschaft war schwer, aber ich habe es trotzdem geschafft, mich jeden Morgen ins Büro zu begeben und meinen Beruf auszuüben. Ein Beruf, der auch mit viel Verantwortung zu tun hat. Aber mit Verantwortung für Dritte. Nicht für mein eigenes Kind. Morgens aufzustehen und zu wissen, dass unterm Strich immer ich die Verantwortung für dessen Wohlergehen trage, hat mich furchtbar unter Druck gesetzt und mir als Mama letztlich nicht geholfen.

Deshalb nun noch einmal in aller Deutlichkeit zum Hinter-die-Ohren-Schreiben: Es ist in Ordnung, nicht alles zu schaffen. Es ist in Ordnung, Hilfe zu brauchen und diese anzunehmen. Es ist in Ordnung, Zwangspausen so lange zu machen, bis sie zu freiwilligen Pausen werden.

Wendepunkt

Und trotzdem möchte ich nun wieder raus aus dem Tal, in dem ich mich fortbewegt habe. Nach einem heftigen Hyperemesis-Rückfall, der leider im Krankenhaus endete, bin ich nun wieder auf einem guten Weg. Extrem regelmäßige Schlafenszeiten, viele, sehr viele, kleine Mahlzeiten und das Wissen, dass es auch ohne mich zu Hause super gelaufen ist, haben meine Motivation wieder geweckt. Ich kenne mich selber gut genug, um zu wissen, wie sehr ein kleiner Denkanstoß von außen mir helfen kann. Also habe ich das Buch „Better Than Before – Mastering the Habits of Our Everyday Lives“ gekauft und damit begonnen, mir ein nicht ganz neues, aber doch neu erfundenes und auf die aktuelle Situation angepasstest Gewohnheitenkonzept zu erstellen. Und was soll ich sagen? Ich sitze gerade an meinem Laptop, es ist kurz vor sechs Uhr morgens und ich schreibe diesen Beitrag. Dieser Weg ist sicherlich nicht für jeden etwas. Und dieser Beitrag ist ganz sicher keine Anleitung, wie man mit einer schweren Schwangerschaft sein Leben meistert. Das habe ich auch noch nicht herausgefunden. Allerdings gehört dieser Abschnitt nun zu meinem Leben und damit auch zum meinem Dasein als Mutter. Das kann ich nicht ändern und mich die nächsten Monate darüber zu ärgern, dass mein Körper nicht meinem Willen gehorcht, wäre verschwendete Energie. Und die brauche ich doch so dringend.

Deine Anna Lena.

Wie kommst Du gelassen durch schwere Phasen in deinem Leben? Ich bin gespannt auf Deine Nachricht.

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