Brotkrumen

Jeden Morgen läuft sie die bekannte Strecke – egal bei welchem Wetter – um den See. 5,2 Kilometer. Marissa genießt die Ruhe am Morgen, wenn die Sonne aufgeht. Die Strecke kennt sie in- und auswendig. An der kleinen Brücke hält sie jedes Mal an, um den Enten kleine Brotkrumen zuzuwerfen. Das Geschnatter belebt ihre Sinne. Auch heute. Es ist gerade einmal sechs Uhr morgens, als Marissa die letzten Krümelchen auskippt und ihre parallel ausgeführten Dehnübungen beendet. Jetzt aber schnell, damit sie pünktlich beim Bäcker die vorbestellten Brötchen holen kann, um dann mit ihrer Freundin noch vor der Arbeit zu frühstücken.

Davor muss Marissa aber noch den O-Saft frisch pressen und außerdem die Spiegeleier braten. Das morgendliche Ritual gleicht eher einer ausgeklügelten und komplexen Choreographie, bei der jede Abweichung in einer Katastrophe enden könnte. Ihre Freundin steht etwa um 7:00 Uhr auf und das Frühstück steht bereit. Marissa hat die gemeinsame Zeit eingeführt und hält sich eisern an ihren Ablauf, um niemanden zu enttäuschen.

Sie bemerkt gar nicht, wie anstrengend das ist und wie sehr sie sich etwas Wertschätzung für all den Aufwand wünscht. Während sie langsam wieder los läuft, vibriert es in ihrer Tasche. Eine Nachricht ihrer Freundin: „Lass dir Zeit und genieß’ den Sonnenaufgang :* Die Brötchen habe ich abgeholt und das Rührei steht bereits zum Warmhalten im Ofen.“ Marissa lächelt überrascht. Sie wird langsamer, setzt sich hin und hört den Wellen, die ans Ufer kommen zu. Sie hört die ersten Insekten summen, obwohl der Frühling noch lange nicht beginnen sollte. Mit Kleinigkeiten kann man den Tag einer anderen Person fundamental ändern.

Lebt leuchtend, Lena.

P.S. Hat Euch der Beitrag zum Lächeln gebracht? Was hat Euch gefallen und was vielleicht auch nicht? Ich freue mich über Euer Feedback in den Kommentaren oder per Kontaktformular.

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