Die Wolken über ihnen werden dichter. Eben noch schien die gerade aufgegangene Sonne über die Hausdächer. Die Schindeln glitzern jetzt nur noch, wenn sich ein Wolkenloch am Himmel auftut. „Sieht so aus, als gäbe es ein Unwetter.“ Mirja stupst Oliver an. „Wir sollten uns auf den Weg machen.“ – „Lass es doch regnen. Ist doch gerade viel zu schön, um aufzuhören.“ – „Wir haben den Sonnenaufgang gesehen. Das war wunderschön. Lass uns jetzt los.“ Sie zieht an seinem Ärmel. Platsch. Der erste Tropfen landet auf ihrer Nase. Sie sieht nach oben und es scheint, als könne sie die Tropfen einzeln in ihre Richtung rasen sehen. Nach und nach wird die Dachterrasse von dicken Tropfen übersät, die dunkle Flecken auf dem Holzboden hinterlassen. Mirja versucht, sich mit ihrer Handtasche über dem Kopf zu schützen.
Olli lächelt sie an und nickt. „Okay, okay wir gehen los. Du bist so unglaublich süß.“, kommentiert er ihre vergeblichen Schutzbemühungen. „Lach nicht!“ – „Mach ich gar nicht. Aber dir ist schon klar, dass du mit deinem winzigen Täschchen nicht weit kommst, oder?“ Sie lacht. „Ja ist mir klar.“ Sie nimmt die Tasche herunter und geht in Richtung der Treppenhaustür. Die Holzdielen sind rutschig. Vorsichtig setzt sie einen Fuß vor den anderen. Die Jeans klebt dabei an den Beinen und wirkt viel enger als vor dem Regenguss. „Warum genau haben wir das nochmal gemacht?“ – „Darum.“ Er legt seine Hand auf ihren runden Bauch. Weil es schön ist, Erinnerungen zu zweit zu schaffen, bevor man zu dritt ist. Der Regen prasselt ununterbrochen auf Mirja und Oliver herab. Die Haare haben sich mit ihren Gesichtern zu einer Maske vereint. Alles egal. Zu zweit in Erwartung auf die neue Zeit. Hinter den Wolken ist fast schon die Sonne zu sehen. Und in Mirjas Bauch scheint es zu summen.
Lebt leuchtend, Lena.
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