Kompliment

Wow, tolles Kleid“, begrüßt ihre Freundin sie strahlend. „Findest du?“ Hab ich letzte Woche in dem kleinen Laden um die Ecke gekauft.“ – „Du siehst super aus.“, antwortet Miriams Freundin und hakt sich unter, während die beiden gemeinsam Richtung Marktplatz spazieren. „Danke“, sagt Miriam leise und blickt zum Boden.

Lautes Stimmengewirr kündigt die Nähe des Wochenmarktes an. Während Miriam und Klara sich den ersten Ständen nähern, sagt Klara: „Ach, ich hab dir ja noch gar nicht erzählt, dass ich am Freitag noch ins Büro vom Chef kommen sollte.“ Klara beginnt, Kartoffeln und Karotten abzuwiegen. „Oh, wieso das denn? Was schlimmes?“ – „Nee, ganz im Gegenteil. Also dachte ich natürlich auch als erstes, aber er will mich zur Abteilungsleiterin befördern.“ Der spitze Schrei von Miriam muss erst einmal als Gratulation genügen, da Klara gerade beginnt, den Preis für die Kartoffeln herunterzuhandeln, als wäre nichts besonderes passiert.

Nach einer kleinen Ewigkeit packt sie mit einem Lächeln auf den Lippen zwei Kilogramm Kartoffeln in ihren Rucksack und Miriam nimmt sie in den Arm. „Gratuliere, ich freu mich von Herzen!“, sagt sie. „Danke, ist keine große Sache.“ – „Nein, gar keine große Sache… Klara, du hast dir das mit harter Arbeit verdient. Da darfst du dich ruhig auch mal freuen und stolz auf dich sein.“, gibt Miriam zu bedenken. „Ich freu mich ja auch.“

„Dann zeig es auch. Das ist doch ein wahnsinniges Kompliment deines Chefs und bedeutet, dass er deine Leistung für sein Unternehmen erkennt und belohnt.“ – „Ja, du hast Recht. Ist schon wirklich cool.“ Klara grinst und sagt weiter: „Ich stapel mal wieder zu tief, oder?“ – „Schon irgendwie“, Miriam legt den Kopf schräg und zieht die Augenbrauen hoch. Sie kennt das schon von ihrer Freundin: Dieser brillante Kopf spielt sich selbst immer wieder Streiche und bringt Klara dazu, Erfolge gar nicht als solche zu erkennen. Mehr als einmal musste Miriam in der Vergangenheit nicht nur mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl, sondern gleich mit dem gesamten Zaun winken, um Klara in die richtige Richtung zu schubsen.

Die beiden kommen vor dem Käsestand an und Klara stößt Miriam in die Seite. „Wenn wir aber schon mal dabei sind: Du darfst dich auch mal über etwas freuen und Komplimente annehmen.“ Erwischt. Miriams Blick richtet sich wieder zum Boden und ihr Puls steigt. „Hey, nicht hinter jedem Kompliment versteckt sich ein Subtext oder eine Frage zum Kaufort. Manchmal – ach Quatsch – meistens ist ein Kompliment nur ein Kompliment. Nimm es an und sag ‚Danke‘. Das freut dann auch denjenigen, der dir das Kompliment erteilt hat.“ – „So einfach?“, fragt Miriam. „So einfach“, antwortet Klara.

Beide setzen ihren Weg über den Wochenmarkt, auf dem die Stimmen zu summen scheinen, fort. Mit mehr Leichtigkeit als noch vor 20 Minuten.

Lebt leuchtend, Lena

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