Problemkopf

Die Tischoberfläche ist glatt und glänzt. Sie wurde offensichtlich kurz vor Dienstbeginn gereinigt. Gestern stapelten sich hier noch die Staubpartikel. Larissa schluckt und räuspert sich. Zu lange schiebt sie dieses Gespräch schon vor sich her. So wie man den Abwasch in der Spüle immer größer werden lässt, bis keine Messer mehr vorhanden sind. Widerwillig macht man sich an die Arbeit und ärgert sich die ganze Zeit, dass man es hat so weit kommen lassen.

Genauso fühlt sich Larissa in diesem Moment, in dem sie in der Arztpraxis an dem großen weißen Tisch sitzt und auf die Testergebnisse wartet. Sie ärgert sich über sich selbst. Wieso hat sie so lange nichts gesagt und sich keine Hilfe geholt? Ständig hat sie sich gesagt, morgen werde sie es endlich machen und dann kam der Abend immer viel zu früh und sie hatte schlicht keine Lust mehr. Hundertfach hat sie sich die Aufgabe in ihrem Kalender notiert. Und irgendwann hat sie es dann gelassen: Zu gewaltig erschien das Problem.

Hätte ihre Schwester sie gestern nicht zum Arzt gezerrt, wäre sie nicht mehr gegangen. Irgendwann wurde es leichter, das Problem einfach zu ignorieren. Aber so, wie es sich anfühlt, wenn auf einmal kein sauberes Geschirr mehr im Schrank ist, so ist es auch mit größeren Dingen: Irgendwann muss man reagieren, egal, ob man jetzt will oder nicht.

Es klopft an der Tür und der Arzt kommt herein. Er begrüßt Larissa freundlich und sieht am Computer in ihre Akte. „Das sieht gut aus. Nichts Auffälliges.“ Larissa atmet auf.

Manchmal existiert ein Problem nur im Kopf und es wächst jeden Tag, wenn man es nicht angeht.

Zum dazugehörigen Podcastbeitrag geht es hier entlang.

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