Glücksshow

Der Eingangsbereich ist mit seinen sonnengelben Wänden und weißen Stuckverzierungen an den Decken großzügig gestaltet. Am Ende des Korridors erkennt Donna eine Treppe, die offenbar in den Wohnbereich führt. „Im Erdgeschoss führen zehn doppelflügelige, hohe Türen in die Büros“, erklärt die Maklerin. „Möchten Sie den Wohnbereich sehen?“ – „Ja sehr gern.“ Donna bemüht sich, mit der Maklerin Schritt zu halten und trotzdem nicht zu gehetzt zu wirken. Die Stufen nimmt sie auf den neuen Schuhe noch recht elegant, doch oben angekommen verfängt sich der Absatz an der Treppenkante. Zu kleiner Schritt. Etwas weniger bemühen, entspannt zu wirken, Donna! „Alles in Ordnung?“ – „Ja es geht schon, danke. Neue Schuhe…“ – „Oh wer kennt es nicht?“

Gemeinsam betreten sie einen großen Raum, dessen Wände weiß gestrichen sind. Ein Boxspringbett mit hellen Laken steht mitten im Raum, so wie Donna es sonst nur aus Filmen kennt. „Zu ihrer Rechten befindet sich der Eingang zum begehbaren Kleiderschrank und links der zum Badezimmer en suite.“ Donna zuckt kurz mit dem linken Auge und notiert sich im Kopf, später nachzusehen, was „ohswiet“ bedeutet. Sie öffnet die Tür zum Kleiderschrank und schaltet das Licht ein. Das wäre aber gar nicht nötig gewesen. Ein großes Milchglasfenster sorgt für die Beleuchtung. Donnas Mund steht einen Moment zu lange offen. „Gewaltig, oder? Es heißt die Vorbesitzerin habe hier hauptsächlich Schuhe gelagert.“ Donna schließt den Mund, lächelt und flüstert „Wahnsinn“. – „Sollen wir die Details unten in einem der Büros besprechen?“

Anderthalb Stunden später öffnet Donna die Tür zu ihrem Apartment. Der ihr bekannte Geruch strömt in ihre Nase. Der schwarze Kater schmiegt sich an ihre Beine und schnurrt vor sich hin. In der 10m² Küche macht sie sich einen Früchtetee und holt nochmal das Exposé für die Villa am Stadtrand heraus. Das Hochglanzfoto auf der Vorderseite zeigt die Immobilie im besten Licht, wobei wahrscheinlich auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch die prachtvollen Verzierungen an der Eichentür zu erkennen gewesen wären. Donna schielt durch die geöffnete Küchentür zum Wohnungseingang. Verzierte Eichentüren und Stuck an den Wänden gibt es hier nicht. Ihr Kater springt auf den Tisch und legt sich neben sie, um seine nächste Streicheleinheit abzuholen. Ob er sich dort auch so wohl fühlt?

Am Kühlschrank hängt noch immer der Brief. „Sehr geehrte Frau Kung, wir gratulieren Ihnen herzlich zu Ihrem Gewinn, den wir nun an Sie ausgezahlt haben.“ Den Kontoauszug hatte sie vorsichtshalber gleich gut verschlossen. Aber ihre Freunde und Familie haben die Fernsehshow natürlich alle gesehen. Mit dem Tee wandert Donna in das Wohnzimmer und lässt sich auf dem durchgesessenen Sofa nieder. Die Füße schwellen langsam wieder ab, während sie die Beine ausstreckt. „Wollen wir was machen?“ schreibt sie ihrer Freundin, die nur wenige Minuten von ihr entfernt lebt. „Klar, ich bin gleich da.“ Donna lächelt und ihr Körper entspannt sich. Sie zieht sich schnell Jeans und T-Shirt an und da klingelt es bereits an der Tür. Zum ersten Mal an diesem Morgen fühlt sie sich nicht wie eine Schauspielerin, sondern wie sie selbst. Geld macht nicht glücklich, das Gefühl, Freunde und ein zu Hause zu haben, aber schon. Es ist schön, dass sie sich etwas leisten könnte. Aber sie bleibt noch eine Weile hier. Ist ja auch viel praktischer, wenn ihre Freundin in der Nähe wohnt.

Lebt leuchtend, Lena.

P.S. Hat Euch der Beitrag zum Lächeln gebracht? Was hat Euch gefallen und was vielleicht auch nicht? Ich freue mich auf Euer Feedback in den Kommentaren oder per Kontaktformular.

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