Präsenz

Schatz, leg das Handy weg. Es ist Samstag.“ – „Nur noch eine E-Mail, dann lege ich es beiseite.“, antwortet sie ihrem Mann, während sie den Blick auf der Mail vor ihr lässt. „Mhm“, murmelt er. Zehn Minuten später hat dieser den Frühstückstisch abgeräumt und die Kinder auf ihre Zimmer zum Anziehen geschickt. Er massiert Klarissa die Schultern und blickt über sie hinweg auf das Smartphone, das sie immer noch in den Händen hält. „Ich muss jetzt der Spielverderber sein: Du hast mich zum Jahreswechsel darum gebeten, dir zu sagen, wenn du zu viel arbeitest. Schatz, du arbeitest zu viel.“, flüstert er in ihr Ohr.

Klarissa seufzt und legt das Handy auf den Tisch. „Ich weiß, aber ich muss noch…“, beginnt sie ihren Satz und bricht dann ab. Ja, sie weiß es wirklich und ihr Mann hat vollkommen Recht. Sie schaltet den Bildschirm aus und blickt ihrem Mann in die Augen: „Du hast Recht. Kein Aber ich muss“, sagt sie. Zum Jahresbeginn hat sie sich vorgenommen, präsent zu sein. Präsent für ihre Familie und für die Situation, die sie gerade durchlebt. Viel zu oft nimmt sie ihre Umwelt nur durch die Handykamera wahr. Sie arbeitet zwar auch über ihr Smartphone, verschwendet allerdings auch eine Menge Zeit mit Überflüssigem. Das wollte sie ändern und will es auch immer noch.

Sie hat schon geahnt, dass sich schlechte Gewohnheiten schwer abstellen lassen. Aus diesem Grund hat sie ihren Mann extra als Schiedsrichter ernannt. Sie steht auf, küsst ihn und lässt ihr Handy liegen, während sie zu den Kindern gehen will. Die Arbeit ist später auch noch da. „Was ist denn mit der E-Mail, die du gerade schreiben wolltest? War die wichtig?“, fragt ihr Mann als Klarissa gerade die Küchentür erreicht. „Es ist alles wichtig und muss immer sofort behandelt werden. Aber ihr seid wichtiger. Ich schäme mich, dass ich euch das nicht immer zeige und stattdessen arbeite.“, sagt sie.

„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und außerdem finde ich es toll, dass die Kinder dich auch arbeiten sehen. Du hast dir doch nur vorgenommen, mehr Balance zu bekommen und das braucht wohl etwas Übung. Dafür musst du kein schlechtes Gewissen haben.“ Während dieser Ansprache hat ihr Mann Klarissa in den Arm genommen. Sie lässt sich tief in die Umarmung fallen und genießt das innige Gefühl. Auch der Nachklang der gerade gesprochenen Worte wirkt sich positiv auf ihre vorher noch angespannte Haltung aus. Von nebenan hört man, wie die Kinder laut das Radio aufdrehen. Es läuft ein alter Song, der für Klarissa und ihren Mann schon immer besonders war: Ihren ersten vollkommen missglückten Kuss hatten sie bei diesem Lied. Die beiden grinsen sich an und Klarissa fängt schallend an zu lachen. Ihre Kinder kommen verwundert zurück in die Küche. Nach wenigen Minuten lacht die ganz Familie. Klarissa ist präsent, während sie das Lied summt. Jetzt. In diesem Moment ist sie hier und denkt an nichts anderes.

Lebt leuchtend, Lena.

P.S. Hat Euch der Beitrag zum Lächeln gebracht? Was hat Euch gefallen und was vielleicht auch nicht? Ich freue mich auf Euer Feedback in den Kommentaren oder per Kontaktformular.

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