Rückkehr

Mit Herzklopfen betritt Dalina das Büro ihres Chefs. Dieser kann als erstes nur ihren runden Bauch erblicken, der mittlerweile unübersehbar ist. „Meine Liebe, wie geht es Ihnen?“, fragt ihr Chef. „Vielen Dank, alles bestens. Wächst und gedeiht.“ Dalina blickt nach unten auf ihren Bauch. „Lange dauert es ja auch nicht mehr, oder?“ – „Nein, nur noch acht Wochen. Deshalb wollte ich die Chance auch nutzen, vor dem Mutterschutz nochmal mit Ihnen über die aktuell laufenden Projekte zu sprechen. Ich bin ja schließlich etwas länger weg.“ Sie streichelt über ihren Bauch und lächelt. Ihre Wangen strahlen.

„Sehr vorbildlich. Dazu kommen wir gleich. Erzählen sie erst einmal, was sie jetzt geplant haben.“ – „Mutterschutz und dann zwei Jahre Elternzeit. Das haben sie auch schon unterschrieben.“, Dalina grinst ihren Chef an. Der lacht und sagt: „Das weiß ich doch. Aber ich kenne auch meine beste Projektmanagerin und weiß, wie Ihnen Ihre Karriere am Herzen liegt. Darf ich ehrlich sein?“ – „Immer.“ – „Ich wette, dass Sie nach sechs Monaten wieder anfangen wollen zu arbeiten.“ Er schmunzelt und fixiert ihren Blick, während er sich hinter seinem Schreibtisch zurücklehnt. Dalina richtet sich auf. „Darf ich auch ehrlich sein? Das denke ich nicht. Die Arbeit macht mir großen Spaß, aber ich freue mich wirklich sehr auf diesen neuen Lebensabschnitt. Wenn es wirtschaftlich notwendig ist, dann fange ich sicher wieder an. Aber solange wir unsere Finanzen im Griff haben, bleibe ich zu Hause.“ – „Verdient Ihr Freund denn genug?“ – „Joa, wir werden über die Runden kommen.“

Sechs Monate später sitzen Dalina und Philipp, der Vater ihrer wundervollen Tochter Sarina, am Frühstückstisch. Dalina fällt das Gespräch mit ihrem Chef ein. „Ich bin überglücklich, dass wir uns entschieden haben, dass ich lange zu Hause bleibe. Wir kommen doch wirklich gut aus mit deinem Gehalt und dem bisschen Elterngeld und im Grunde sind wir reicher als je zuvor, meinst du nicht auch?“ – „Auf jeden Fall. Ich bin auch ehrlich gesagt ein bisschen neidisch auf dich. Ich würde am liebsten auch sofort aufhören zu arbeiten oder kürzer treten, um mehr Zeit mit Sarina zu verbringen.“ – „Wirklich?“ – „Klar. Wieso fragst du? Du kannst dir doch gar nicht vorstellen, zur Arbeit zu gehen.“ – „Kann ich auch nicht. Aber ich fände die Vorstellung, dass wir die Erziehungsarbeit gemeinsam leisten, äußerst attraktiv.“

Philipp nippt an seinem Kaffee, während Dalina weiter nachdenkt. Vielleicht ist der Moment zum Umdenken gekommen. „Könntest du dir vorstellen, in Teilzeit zu arbeiten? Dann würde ich auch in Teilzeit gehen und wir hätten effektiv die gleiche Betreuungszeit für Sarina mit einem von uns sichergestellt. Denk doch mal drüber nach: Wir verdienen beide etwa gleich viel. Wirtschaftlich würde sich nichts verändern. Warum sollten wir nicht beide gleich viel arbeiten und gleich viel Zeit mit unserer Tochter verbringen?“ Dalina ist von ihrem Plan bereits überzeugt. Es fällt ihr zwar schwer, überhaupt in Erwägung zu ziehen, ihre Tochter etwa 20 Stunden in der Woche nicht zu betreuen, aber zeitgleich realisiert sie auch, dass Philipp als Vater ähnliche Gefühle hat. Das kann man auch fair aufteilen.

Sicherlich würde beide Karrieren etwas unter der Teilzeitarbeit leiden. Allerdings muss Dalina mit dem Karriereeinschnitt ohnehin schon leben und langfristig macht es bei der heutigen Arbeitszeit bis zur Rente wahrscheinlich auch keinen Unterschied. Und das Allerwichtigste: Die eigene Karriere und das damit verdiente Geld ist nichts im Vergleich zu dem berauschenden Gefühl, das einen überkommt, wenn das eigene Kind einen anlacht. Philipp blickt Dalina an, als könne er Gedanken lesen. Die beiden sind ganz automatisch in der klassischen Rollenverteilung gelandet. Dalina sieht Philipp an, wie sehr er sich freut, gemeinsam etwas mit ihr an dieser Verteilung zu ändern. Während sie dem Summen des Toasters lauscht, der die letzten Brote röstet, nickt sie langsam. Manchmal ist der beste Zeitpunkt zum Umdenken da und man erkennt ihn sogar.

Lebt leuchtend, Lena.

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