Arbeitsweg

Auf dem Weg zur Arbeit zieht Mona ihre Kapuze tief in ihr Gesicht. Der Wind bläst ihr von vorn entgegen, so dass ihre Augen anfangen, zu tränen. „Entschuldigung, würden Sie mir bitte sagen, wo ich zur Tafel komme?“, fragt sie ein älterer Herr. Mona bleibt stehen und lächelt. „Sie müssen einfach die Straße hier runter gehen und dann am Ende rechts abbiegen. Dann ist da ein kleiner Hof, da sind sie richtig.“ – „Vielen…

Einfluss

Lara kann es nicht mehr hören und auch nicht mehr sehen: An jeder Ecke erteilen ihr selbsternannte Lebenstrainer Ratschläge, die auch noch im gleißenden Sonnenlicht funkeln, aber mit der Realität – ihrer Realität – nichts zu tun haben.

Und dann? Dann gibt es in dem ganzen heiligen, digitalen „Ich-mach-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt“-Chor dieses eine Totschlagargument, das mehrstimmig, aber sehr tonal aus…

Rechtfertigung

Es tut mir leid. Ich kann das auch später machen.“, erklärt Lea, während sie hektisch die Nagellackflasche wieder wegräumt. „Soll ich dir helfen?“, fragt sie ihren Freund. „Du kannst das schon noch zu Ende machen“, sagt er und schielt auf ihre fünf lackierten Fußnägel am rechten Fuß, die kirschrot glänzen und sich förmlich über die nackten Zehen am linken Fuß lustig machen. „Wirklich? Danke.“, antwortet sie und beeilt…

Erfolg

Vanessa, Lea und Cora sitzen in ihrer Stammecke bei Thomas. „Hallo Mädels, was darf es heute sein?“, fragt der gerade. „Na wie immer, wir kommen doch nur, weil es bei dir einfach das beste Frühstück der Stadt gibt.“, antwortet Cora mit ihrem Zahnpastalächeln und zwinkert ihm zu. Thomas verschwindet in die Küche, reckt dann aber den Kopf nochmal durch die Schwingtür und fragt: „Also auch für alle drei Prosecco?“ –…

Ziel

Guten Morgen Herr Freitag“, sagt Milena zu dem Bankmitarbeiter. Die 30-Jährige setzt sich. „Guten Tag Frau Schneider, kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee oder Wasser vielleicht?“, fragt er, während er schon auf den kleinen Servierwagen in der Ecke des Raumes zusteuert. „Danke, einen Kaffee nehme ich sehr gerne.“

„Gut Frau Schneider, wir haben Ihre Unterlagen durchgesehen und haben noch einige Fragen.…

Paillettenrock

Sie sieht in den Spiegel. Gut, denkt sie. So kann es gehen. Überzeugt ist sie noch nicht, aber das Gefühl kennt sie schon. Sie zieht ihren Rock noch etwas zurecht und verlässt dann den Raum. In ihren langen Wintermantel gehüllt, betritt sie die U-Bahn. Sie fühlt sich unwohl und verkleidet. Der Typ am anderen Ende des Abteils starrt sie ungeniert an. Sie tut so, als würde sie es nicht merken. Unendlich erleichtert atmet …