Zitat zum Thema überschrittene Grenzen

Grenzen ziehen in allen Beziehungen

Grenzen zu ziehen bedeutet als Mutter vor allem, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.

Verantwortungsvolle Mütter kümmern sich bedingungslos um die Bedürfnisse ihres Nachwuchs. Schon mal gehört? Dann kommen irgendwann die trotzigen Kleinkindjahre und man soll doch auf einmal anfangen, Grenzen bei Kindern zu setzen. Aber nicht etwa Grenzen, die das Wohlbefinden von Mama oder Papa schützen, sondern Grenzen, die den Kindern klare Ge- und Verbote für die Zukunft mit auf den Weg geben. Um diese Grenzen geht es hier nicht. Im Allgemeinen bin ich da auch eher Team Erziehen durch Vorbildfunktion und Grenzen setzen nur in gefahrträchtigen Situationen (Unordnung beim Spielen und Essen? Kein Problem. Mit einem Messer in der Hand auf einem Stuhl kippeln und dabei am besten noch versuchen, das Messer in die nächste Steckdose zu stecken? Klarer Fall für eine zu setzende Grenze!) Nein, hier geht es genauso wie auch schon in den letzten Beiträgen zu den Themen Selbstfürsorge und Trigger erkennen um Selbstverantwortung. Es geht darum Grenzen zu ziehen, die für uns persönlich wichtig sind. Nur wenn wir für unser eigenes Wohlbefinden Verantwortung übernehmen, ist es uns überhaupt möglich, die uns durch die Geburt (oder eigentlich schon durch die Zeugung) unserer Kinder anvertraute Verantwortung für diese kleinen Wesen bestmöglich auszufüllen.

Was sind Grenzen überhaupt?

Wichtig ist zunächst, individuell zu erkennen und bestimmen, wo die eigenen Grenzen liegen. Was ist im Umgang mit mir noch in Ordnung, und was macht mich nervös, unglücklich, sauer oder verursacht ganz allgemein ein schlechtes Bauchgefühl? Irgendwo davor liegt deine persönliche Grenze. Eine Grenze, die deshalb von Person zu Person höchst unterschiedlich sein kann. Auch die Situation, in der man nach einer Grenze sucht, ist entscheidend für das Ergebnis. Vielleicht ist man in einem Arbeitsumfeld eher bereit, eine Aufgabe für jemand anderen zu übernehmen, als zu Haus? Oder umgekehrt? Möglichweise fällt es dir leichter, mit Kritik durch deinen Partner umzugehen, als mit Kritik deiner Mutter? Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, die eigenen Grenzen zu erkennen. Auch die oben angesprochenen Trigger können dafür wunderbar genutzt werden: Einmal als Trigger identifiziert, zeigen diese Situationen ganz deutlich eine persönliche Grenze auf.

Eine Grenze aufrichtig ziehen.

Es klingt so leicht und fällt den meisten von uns doch wahnsinnig schwer: Erkenne deine Grenze und kommuniziere sie dann nach außen. Das kann etwas Komplexes sein, oder aber etwas Simples.

Als im Jahr 2020 die erste Coronawelle in Deutschland ankam, ging es um diverse Zahlen. Erinnert ihr euch noch an den R-Wert? Die aktuellen Fälle? Die Neuinfektionen? Die Inzidenzen? Die ….? Ja klar, teilweise sind diese Zahlen immer noch entscheidungsrelevant und werden auch noch täglich in den Nachrichten bekannt gegeben. Aber vor etwas weniger als zwei Jahren nahm die tägliche Menge der zu verarbeitenden Informationen so exponentiell zu, dass ich irgendwann kapitulierte. Ich hatte gerade mein erstes Kind geboren, hatte im Grunde wunderschöne Dinge im Kopf und trotzdem belastete ich mein Gehirn mehr oder weniger freiwillig mit immer neuen Zahlen, die ja doch nichts an der Gesamtsituation ändern würden. Ich teilte also meinem Mann, der immer besonders gut informiert war und diese Infos mehr oder weniger zeitgleich mit mir teilte, mit, dass ich fortan nicht mehr über den Verlauf der Zahlen informiert werden wollte. Überhaupt habe ich für eine ganze Weile aufgehört, Nachrichten am frühen Morgen zu konsumieren. Für mich war diese Situation im Übrigen einer der Gründe, die MorgenGeschichten zu starten.

Noch heute, fast zwei Jahre später, gilt diese, meine persönliche psychische Schmerzgrenze, vor dem Frühstück. Und auch in Gesprächen mit anderen Familienmitgliedern und Freunden stelle ich schnell klar, dass ich nicht weiter über die Pandemie sprechen möchte. Nicht, weil ich die Pandemie nicht ernst nehmen würde. Das Gegenteil davon trifft es besser: Ich nehme die Situation so ernst, dass mich zu viele Gedanken daran verunsichern und nervös machen. Wenn ich mir den ganzen Tag nur Gedanken mache, komme ich zu nichts mehr. Ein eher suboptimales Ergebnis mit Kindern und Projekten, die ich voran bringen will.

Was kannst du also tun?

Sei ehrlich und aufrichtig mit dir und dann mit deiner Umwelt. Bleibe höflich und sage im Zweifel “Nein”. Hier ist eine kleine – nicht vollständige – Checkliste, in welchen Situationen es sich lohnen kann, Grenzen zu ziehen.

  • Du sollst eine Aufgabe erfüllen oder einen Termin wahrnehmen, auf die du keine Lust hast.
  • Etwas widerspricht eindeutig deinem eigenen Wertekanon.
  • Wenn du etwas für jemand anderen tust, bleibt keine Zeit mehr für dich.
  • Jemand raubt dir deine Zeit. Durch unnötigen Smalltalk, schlechte Vorbereitung, unausgeglichene Aufgabenverteilung.
  • Eine Situation oder eine Person triggern dich.

Sonderfall: Grenzen ziehen gegenüber Kindern

“Meine Kinder stehen bei mir an erster Stelle.” Dieser Satz klingt ziemlich gut, ist aber nur bedingt richtig. Ja, das Wohlergehen auch meiner Kinder steht ganz oben auf der Liste der Dinge, die ich jeden Tag sicher stellen will. Ja, auch mein geliebter Mann muss sich da hinten anstellen (Er ist erwachsen und kann sich im Zweifel um sich selbst kümmern.). Wer, wenn nicht wir Eltern kümmert sich um das Wohlergehen und die Bedürfniserfüllung unserer Kinder? Oder? Stimmt alles. Ist aber nur die halbe Wahrheit.

Wenn du (oder dein Partner) ausfallen (oder sonst eine nahe Bezugsperson deiner Kinder), wer kümmert sich dann noch? Genau. Im Zweifel niemand! Oder zumindest würde garantiert niemand die Liebe und Hingabe opfern, die du für deine Kinder als notwendig erachtest. Also ist es doch schon logisch nicht richtig, zu sagen, deine Kinder stünden an erster Stelle. Richtig ist folgendes: Du musst sowohl körperlich als auch mental in der Lage bleiben, deinen Kindern die Liebe und Fürsorge zu schenken, die sie verdient haben. Das kannst du nur dann, wenn du deine eigenen Grenzen kennst und sie konsequent auch gegenüber deinen Kindern durchsetzt.

Kinder lernen durch deine Grenzen.

Das klingt in der Theorie viel härter, als es in der Praxis ist. Natürlich hat dein Baby die volle Aufmerksamkeit verdient, sobald es schreit. Schläft es, schlafe auch oder nutze die Zeit, um deine Akkus mit etwas Schönem wieder aufzuladen. Einem Säugling solltest du nicht versuchen zu erklären, dass du jetzt eine halbe Stunde Yoga ohne Unterbrechung machen musst, um mental und körperlich bei der Sache zu bleiben. Was du machen kannst, ist dir für diese Zeit Unterstützung von außen zu holen oder dein Kind so gut einschätzen, dass du von vornherein einen Zeitpunkt wählst, an dem es ohnehin wunschlos glücklich ist. Direkt nach dem Stillen, eingewickelt in eine Decke, direkt neben Mama auf der Yogamatte zum Beispiel.

Wenn deine Kinder aber schon etwas größer sind, verstehen sie auch etwas mehr. Hier ist es immer wichtig, altersgerecht zu agieren. Aber sogar mein anderthalbjähriger Sohn versteht, dass ich morgens direkt nach dem Frühstück gern noch fünf Minuten mit einer Tasse Kaffee in der einen Hand am Tisch sitzen bleibe und etwas Tagebuch schreibe, um meine Gedanken zu sortieren. Hat das beim ersten Versuch geklappt? Nein, natürlich nicht. Wunder sollte man nicht erwarten. Aber Übung macht den Meister und Kinder lernen so ganz wunderbar mehrere Dinge zeitgleich, während wir unsere Grenzen ihrem Alter angemessen ziehen:

  1. Mama ist zwar gerade beschäftigt, aber danach wieder voll für mich da.
  2. Mama kümmert sich um sich selbst. Das scheint etwas Gutes zu sein.
  3. Wenn ich wirklich ein Problem habe, hilft Mama mir trotzdem sofort. Weil sie weiß, dass sie danach weiter machen kann.
  4. Ich kann auch ohne Mama ganz tolle Sachen spielen. Ohne Mama bedeutet nicht, dass es langweilig wird.

Sei aufrichtig zu dir, wenn du Grenzen ziehst.

Grenzen zu ziehen bedeutet also vor allem, sich selbst ernst zu nehmen und das der Außenwelt bekannt zu machen. Die Wirkung kann befreiend sein. Durch eine ehrliche Kommunikation werden falsche Erwartungshaltungen vermieden und ein herzliches Miteinander statt Gegeneinander vorangetrieben.

Welche Grenzen musst du ganz dringend ziehen? Was hindert dich daran?

Deine Anna Lena.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert